Für Menschen mit seelischer Behinderung. – Ein Beitrag von Michael Hisch.
Nicht erst seit der Coronapandemie ist bekannt, dass psychische Erkrankungen in unserer Bevölkerung auf dem Vormarsch sind. Trotz enormer Fortschritte im medizinischen und therapeutischen Bereich wird bei rund einem Drittel der betroffenen Menschen die Erkrankung chronisch. Eine Folge der Erkrankung kann dabei sein, dass eine Rückkehr in dessen häusliches und soziales Umfeld nicht mehr möglich ist.
Einen rettenden Anker für derart in Not geratene Menschen stellt der Wohnbereich für Menschen mit einer seelischen Behinderung im KWA Stift Rottal dar. Hier erfahren die betroffenen Menschen neben einer liebevollen Betreuung ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Hilfsangebot im medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Bereich. Gehen doch mit der Manifestation der Erkrankung oftmals ein sozialer Rückzug, Vereinsamung und der Verlust einer verlässlichen Tagesstruktur einher.
Um dem entgegenzuwirken und um die gesunden Anteile im Menschen zu stärken, ist in unserem Haus die Beschäftigungstherapie als wichtiger Therapieansatz fest installiert. Sie hat die Aufgabe, dem betroffenen Bewohner durch ein vielfältiges Beschäftigungsangebot eine verlässliche Tagesstruktur zu bieten, an der er sich orientieren und Halt finden kann. Ziel ist dabei, durch kunsthandwerkliche Arbeiten die kreativen und gestalterischen Kräfte im Bewohner zu aktivieren und durch die Vermittlung von Erfolgserlebnissen das Vertrauen in die eigene Person zu stärken.
Durch das „Tätig sein“ werden die kognitiven Fähigkeiten geübt, die Kommunikationsfähigkeit gefördert und die Ausdauer sowie das Durchhaltevermögen trainiert. Die Beschäftigung wird dabei in Einzel- oder Gruppenarbeit angeboten.
Egal, ob eine stundenweise, halb- oder ganztägige Teilnahme, im Vordergrund steht der Mensch mit seinen individuellen Stärken, Interessen und Fähigkeiten. In den hellen Atelierräumen, mit Blick auf den Garten, steht eine bunte Auswahl an verschiedenen Materialien zur Verfügung. Diese haben geradezu Aufforderungscharakter und laden dazu ein, aktiv zu werden.
So entstehen unter Anleitung von KWA-Mitarbeiterinnen sowie Praktikanten der Berufsfachschule für Ergotherapie Vilshofen allerhand Nützliches und Schönes. Da werden, um nur einige Beispiele zu nennen, aus Peddigrohr Körbe geflochten, aus Ton Gebrauchs- und Dekorationsgegenstände modelliert und glasiert, aus Stoff und Wolle Nützliches genäht beziehungsweise gestrickt oder aus selbstgeschöpftem Papier besondere Karten hergestellt.
Es versteht sich von selbst, dass die erstellten Werkstücke auch anderen Freude bereiten sollen, weshalb in der Nähe des „Stifts“, wie das KWA Stift Rottal liebevoll in der Bevölkerung genannt wird, ein kleiner, aber feiner Laden betrieben wird. Drei Bewohnerinnen bieten hier die handgearbeiteten Einzelstücke zum Verkauf an.
Bis zur Coronapandemie waren die traditionellen Oster- und Weihnachtsmärkte im Haus, bei denen die handgefertigten Waren zahlreiche Abnehmer fanden, fester Bestandteil der Beschäftigung. Solche Projekte ermöglichten zudem Kontakte und Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Handicap. Wir würden uns freuen, wenn dies bald wieder möglich wäre!