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alternovum Ausgabe 1/2022

Chancen und Perspektiven bei KWA

Hier stellen wir drei Mitarbeiter vor, die bei KWA in der Pflege arbeiten: einen "FSJ-ler", einen Auszubildenden und eine Pflegefachkraft. – Ein Beitrag von Christiane Reese und Hauke Thomas.

Bielefeld / Rottach-Egern, 05. April 2022

Geradlinige Wege in den Beruf werden immer seltener. Daher ist auch KWA längst auf verschiedenen Pfaden unterwegs, um Mitarbeiter zu finden, die zum Unternehmen passen. Denn nur dann kann „Win-Win“ daraus werden. Hierzu drei Beispiele aus dem Pflegebereich.

Freiwilliges Soziales Jahr

Marlon Thiemann ist vielseitig interessiert. Menschen, Kulturen und Technik haben es ihm angetan. Nach dem Abitur wusste er allerdings noch nicht, was er beruflich damit anfangen wollte. In seiner Familie ist soziales Engagement stark ausgeprägt. Schon als Teenager nahm er in der Bielefelder Jugendkirche „luca“ an Freizeiten teil und war zuletzt dort als Betreuer aktiv. Seine Eltern unterstützten die Idee, als „FSJ-ler“ in eine Senioreneinrichtung zu gehen. Er sah dies als Chance und Orientierungshilfe. Und so startete er am 1. September 2021 sein Freiwilliges Soziales Jahr im KWA Caroline Oetker Stift.

Zunächst wurde er als Unterstützung in der Tagesbetreuung eingesetzt. Diese Aufgabe liegt ihm. Der geregelte Ablauf und vor allem die Gespräche mit den Stiftsbewohnern gefielen ihm gut. Gleich zu Beginn seiner Zeit durfte er einige Bewohner, die die Tagesbetreuung besuchen, zu einer großen Zirkusveranstaltung im Garten des Wohnstifts begleiten. Das fand er spitze. Doch während der Zeit im Wohnstift konnte er noch weitere Einblicke gewinnen. Er durfte in den Bereichen Rezeption und Haustechnik mitwirken, lernte dabei viel über die Organisation des Hauses. Marlon Thiemann denkt, dass die Zeit im Stift seinen Blick auf ältere Menschen verändert hat und er nun noch mehr Respekt vor den Leistungen und dem Leben der älteren Generation empfindet. Es fühle sich gut an zu helfen. Und er sagt, dass dieser erste Job ihm einen guten Eindruck vom beruflichen Alltag in einem Seniorenstift vermittelt hat.

Mein Blick auf ältere Menschen hat sich verändert. Ich habe inzwischen noch mehr Respekt vor den Leistungen und dem Leben der älteren Generation.

Marlon Thiemann

Inzwischen hat er sich entschieden, wie es beruflich weitergehen soll. Marlon Thiemann hat sich um ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik beworben. Während des Vorstellungsgespräches wurde er gezielt zum Freiwilligen Sozialen Jahr befragt. Dass er es als wichtig empfindet, etwas für die Gesellschaft zu leisten und sich auch sozial zu engagieren, kam gut an. Er bekam die Zusage und beginnt im Herbst sein duales Studium. Im Caroline Oetker Stift lässt man ihn ungern ziehen. Christian Schebaum, Leiter der Tagesbetreuung, war vom ersten Tag an begeistert von Marlon Thiemann und seiner sympathischen und höflichen Art. Er lobt vor allem seine Verlässlichkeit und sein Verantwortungsgefühl. Wenn Marlon Thiemann seine Zeit im Wohnstift beendet hat, will er noch einige Wochen durch Europa reisen, ehe für ihn beruflicher Alltag beginnt.

Jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich beruflich zu orientieren, ist KWA ein großes Anliegen. Beide Seiten profitieren von der gemeinsamen Zeit. Und manchmal entwickelt sich bei „FSJ-lern“ dann sogar der Wunsch, sich bei KWA ausbilden zu lassen. Doch die Wege zu KWA sind so vielfältig wie wir Menschen. Blicken wir auf einen jungen Mann, der aus seiner Heimat geflüchtet ist.

Ausbildung

Bereits seit Jahrzehnten wurden die christlichen Kopten in Ägypten verfolgt. Der Revolution im Jahr 2011 folgte politische Instabilität. Diskriminierung und Übergriffe auf die koptische Bevölkerung nahmen eher noch zu. Daher floh Shenouda Botros 2012 zusammen mit seinem Bruder nach Italien. Dieser blieb dort, ihn selbst zog es 2015 nach Deutschland.

So kam Shenouda Botros nach Bielefeld, wo er mit Hilfe der Kommune, insbesondere durch den „Arbeitskreis Asyl“ und die Unterstützung vieler Ehrenamtlicher Fuß fasste. Die Ehrenamtliche Jutta Köster half dabei, im Rahmen der Integrationshilfe einen Praktikumsplatz zu finden. So kam Shenouda Botros ins KWA Caroline Oetker Stift. Hier absolvierte er in zwei verschiedenen Bereichen ein Praktikum und startete dann seine Pflegeausbildung im Bereich des Ambulanten Dienstes.

Sein größtes Problem war anfangs die Sprache. Obwohl er dank erster Kurse solide Grundkenntnisse der deutschen Sprache hatte, tat er sich zu Beginn sehr schwer, Fachbegriffe und weniger alltägliche Ausdrücke zu verstehen und auszusprechen. Er erfuhr starke Unterstützung von der Pflegedienstleitung und vom gesamten Team. Nur so konnte eine Integration überhaupt gelingen. Im Haus wurde er natürlich auch von Bewohnern als jemand wahrgenommen, der noch viel Unterstützung braucht. Einer von ihnen, der ehemalige Arzt Dr. Martin Körte, vermittelte dem Auszubildenden über mehrere Monate hinweg Fachbegriffe und übte mit ihm Deutsch.

Dank der Unterstützung vieler Kolleginnen und Kollegen bin ich gut vorangekommen. Herrn Dr. Körte bin ich für den Extra- Deutschunterricht sehr dankbar.

Shenouda Botros

Seitdem ist viel Zeit ins Land gezogen und zwischendurch war ungewiss, ob er die Ausbildung schafft. Shenouda Botros ist sehr dankbar, dass man ihm trotz aller Schwierigkeiten und Sprachbarrieren eine Chance im KWA Caroline Oetker Stift gegeben hat. Sein Praxisanleiter Thorsten Eckermann stärkte ihm bei allem den Rücken und war auch privat Ansprechpartner für ihn. Ebenso wie Pflegedienstleiterin Regina Rempel, die sich immer Zeit für ihn nimmt, wenn es mal schwierig wird.

Nun ist die Zeit der Abschlussprüfungen. Die Mitarbeiter des ambulanten Dienstes haben Shenouda Botros als kollegialen, freundlichen und sehr gewissenhaften Mann kennengelernt – sie drücken ihm für die Prüfung die Daumen. Er darf auch nach seiner Ausbildung als Pflegekraft im Wohnstift bleiben, das weiß er schon.

Altenpflege

Als Drittes möchten wir eine Mitarbeiterin vorstellen, die besonders viel Energie und Zielstrebigkeit an den Tag legte, um in der Altenpflege in Deutschland arbeiten zu können. 

Am Anfang stand eine Annonce in einer philippinschen Tageszeitung: In Deutschland werden Pflegekräfte gesucht. Novelyn Montano bewarb sich im Rahmen des Programms „Triple-Win“, welches von der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit unterstützt wird.

In der Republik der Philippinen besteht die Pflegeausbildung aus einem vierjährigen Hochschulstudium, das mit dem Bachelor of Science in Nursing abschließt. In dem Land gibt es mehr ausgebildete Pflegekräfte, als vor Ort gebraucht werden. Um ihren Beruf ausüben zu können und der besseren Bezahlung wegen arbeiten viele der philippinischen Pflegekräfte im Ausland. Bevor Novelyn Montano sich entschloss, nach Deutschland zu gehen, war sie bereits in Taiwan und Saudi-Arabien tätig.  

Vom ersten Bewerbungsgespräch mit der Stiftsdirektorin des Rupertihofs Lisa Brandl-Thür – im Rahmen einer internetbasierten Videokonferenz – bis zur Einreise nach Deutschland verging über ein Jahr. Denn bevor sie nach Deutschland kommen konnte, galt es, neben vielen Formalitäten zunächst noch einmal die Schulbank zu drücken, um das Sprachniveau B1 in Deutsch zu erreichen. Damit konnte sie als Pflegekraft ihre Tätigkeit im Rupertihof aufnehmen.

Hinsichtlich anfänglicher Sprachschwierigkeiten erinnert sie sich dankbar an die Unterstützung aller Kollegen und das Verständnis der Bewohner im Rupertihof. Neben der Arbeit lernte sie weiter Deutsch, absolvierte die Prüfung auf B2-Niveau und erlangte so die Anerkennung zur Pflegefachkraft. Für das Team sieht Pflegedienstleiterin Annette Adler ihre Mitarbeiterin Novelyn Montano als große Bereicherung. „Ihre ruhige und immer freundliche Art überträgt sich aufs Team und die Bewohner. Novelyns Arbeitsweise ist von der philippinischen Kultur geprägt. Davon kann man viel lernen.“   

Als sie vor knapp drei Jahren nach 14 Stunden Flug im Rupertihof ankam, wurde sie von der Stiftsdirektorin mit einem Mittagessen empfangen. Im Rückblick sagt sie: „Es war sehr viel und sehr ungewohnt“. – Eine philippinische Kollegin der Hauswirtschaft, die schon seit 30 Jahren im Tegernseer Tal lebt, unterstützte sie sehr bei der Eingewöhnung. Sie hat Novelyn in das Leben in Bayern eingeführt und auch mit Menschen aus ihrer Heimat zusammengebracht. Zur Familie hält Novelyn regelmäßig telefonisch und über die sozialen Medien Kontakt.

Inzwischen ist die philippinische Pflegefachkraft den dritten Winter am Tegernsee und immer noch erstaunt über den Schnee, den sie aus ihrer Heimat nicht kennt. Ihre Freizeit nutzt sie gerne für ausgedehnte Spaziergänge durch die schöne Landschaft. Vom Wallberg aus hat sie ihre neue Heimat auch schon von oben betrachtet. Nun freut sie sich darauf, ihre neue bayerische Heimat im Urlaub noch besser kennenzulernen. 

Der Ort, an dem ich jetzt lebe, ist für mich immer noch ein Traum – nach der Arbeit fühle ich mich jeden Tag wie im Urlaub.

Novelyn Montano

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