Christa Lincke wurde für ihr Engagement im Deutschen Kinderschutzbund ausgezeichnet. – Ein Beitrag von Sieglinde Hankele.
Mehr als 30 Jahre lang engagierte Christa Lincke sich ehrenamtlich im Bielefelder Ortsverband des Deutschen Kinderschutzbundes, von 2002 bis 2013 als erste Vorsitzende. In dieser Zeit hat sie diverse Projekte und Programme für Kinder und Eltern initiiert und organisiert, immer mit dem Ziel, Schwache zu stärken – durch die Förderung des Selbstwertgefühls und der Sozialkompetenz. Konkret reichte das Spektrum von Hilfe für psychisch kranke Mütter über Mittagsbetreuung von Schulkindern im Haus des Kinderschutzbundes bis hin zu Sprachförderung, Kunstwettbewerben und Tanzprojekten.
Besonders gefiel ihr ein Projekt mit Hauptschülern, die ja nicht immer den besten Ruf haben: Die jungen Menschen gaben Computerkurse für Senioren. Auch ein Patenschaftsmodell wurde ins Leben gerufen und dies ist bis heute erfolgreich. Für ihre Verdienste wurde Christa Lincke im Sommer 2020 von Oberbürgermeister Pit Clausen mit der Ehrennadel der Stadt Bielefeld ausgezeichnet.
Ihrem Mann sei es manchmal peinlich gewesen, dass sie bei jeder Gelegenheit einen Flyer aus der Handtasche zog, um ein Mitglied für den Kinderschutzbund zu gewinnen oder Spenden einzuwerben. Christa Lincke war es nie peinlich, ganz im Gegenteil. „Es gibt mehr Mitglieder im Tierschutzverein als im Kinderschutzbund. – Das ärgert mich. Da stimmt doch etwas nicht in unserer Gesellschaft“, sagt sie.
Was für ein Mensch steckt eigentlich hinter dieser 81-Jährigen, die vor zweieinhalb Jahren im Caroline Oetker Stift eingezogen und für ihr „Helfer-Gen“ bekannt ist? Ist es wirklich ein „Gen“? Oder kommt die in Bad Oeynhausen aufgewachsene Westfälin vielleicht aus einem christlichen Elternhaus? Das verneint Christa Lincke. Im Elternhaus wurde viel über Politik diskutiert, aber nicht gemeinsam gebetet. Dennoch fand sie als Mädchen Zugang zum Glauben, hielt nach der Konfirmation sogar Kindergottesdienst. Als sie nach Düsseldorf ging, um Pädagogik und Theologie zu studieren, sei die Mutter entsetzt gewesen. „Sie war der Meinung, dass man durch ein Religionsstudium engstirnig wird“, berichtet Christa Lincke. Könnte die Mutter die Tochter heute sehen, wäre sie diesbezüglich gewiss erleichtert. Sie ist ein Freigeist – und hat ganz viel für ihre Mitmenschen übrig.
Christa Lincke unterrichtete als Religionspädagogin Schüler, diskutierte mit ihnen auch mal über den Paragraphen 218, arbeitete als Gemeindereferentin, zog zudem zwei Kinder groß. Doch das war ihr nicht genug. Mit 50 habe sie sich gedacht: Das kann doch noch nicht alles sein! Sie entschied, per Fernstudium, berufsbegleitend, ihr theologisches Wissen zu vergrößern und zu vertiefen. In der Studiengruppe war sie neben sechs Männern die einzige Frau. Bereits die Aufnahmeprüfung und dann auch die Lehraufgaben seien anspruchsvoll gewesen. Doch sie fand, was sie gesucht hatte. „Das war eine sehr intensive Zeit“, sagt sie, „ich habe damals viele neue Erkenntnisse über Seelsorge und Lebensfragen gewonnen.“ Mit diesem frischen Wissen war sie bestens für die ehrenamtliche Arbeit beim Kinderschutzbund präpariert.
Jetzt, dreißig Jahre später, liegt ihr Fokus in erster Linie auf den Mitbewohnern und dem Leben im Stift. Dennoch möchte Sie eine Botschaft an alle Leser schicken. Diese lautet: „Achten Sie auf Ihre Mitmenschen. Werden Sie nicht zum Aufpasser, sondern führen Sie Gespräche. Gegenseitige Rücksichtnahme, Fürsorge und Mitmenschlichkeit sind gefragt!“
Es gibt mehr Mitglieder im Tierschutzverein als im Kinderschutzbund. – Das ärgert mich. Da stimmt doch etwas nicht in unserer Gesellschaft
Christa Lincke