Ein Beitrag von Sieglinde Hankele.
Wer im Konstanzer KWA-Wohnstift im Haus Pfänder im 1. Obergeschoss durch die Flure geht und beim einen oder anderen hübsch gerahmten Aquarell-Bild stehenbleibt, weil es besonders attraktiv ist, wird beim genauen Hinsehen merken, dass es sich um ein Original handelt – mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Bild von Gerhard Sondermann. Der inzwischen 93-Jährige lebt seit Februar 2009 im Haus, geht seitdem mit anhaltender Begeisterung und Ausdauer diesem für ihn ganz besonderen Hobby nach. Durch eine Kriegsverletzung verlor er als 16-Jähriger einen Arm, machte beruflich dennoch seinen Weg. Fast könnte man meinen, dass sich im verbliebenen rechten Arm mehr versammelt als bei den allermeisten anderen Menschen: Kreativität, Sensibilität, Akkuratesse und ein besonderes Maltalent.
Wenn er am Dienstagmorgen seine Malsachen packt und sich auf den Weg zum „Malzimmer“ macht, schwingt immer ein wenig Vorfreude mit – auf den Austausch mit den beiden Damen, die derzeit gemeinsam mit ihm den Malkreis der Rosenau bilden. Irmgard Bogen malt mit viel Schwung und lockerem Pinselstrich, Jutta Schori sucht noch ihren Stil, holt sich von den andern gerne mal Rat, wenn es um die Farbwahl oder die Bildkomposition geht. Sie hat erst mit Malen angefangen, als sie in die Gruppe kam, um in der Rosenau noch mal etwas Neues zu probieren, ist dankbar für Tipps. Irmgard Bogen hat schon als Schülerin gerne gemalt und bestes Feedback dazu bekommen, das Hobby nun im Alter aufgefrischt.
Die Bilder zeigen klar, wer sein Talent am weitesten entwickelt hat im Lauf der Jahre. Darum geht es bei den Dienstagsmalern aber gar nicht. Sie malen gemeinsam, weil es ihnen Freude bereitet, sich über das Malen auszutauschen. Wobei keinesfalls nonstop geredet oder gar diskutiert wird. Jeder malt für sich, und zwar das, was er möchte. Fotos, Postkarten oder Kalenderbilder liegen manchmal neben dem Malblock und dem Wasserfarbkasten – zur Inspiration. Mit Blick auf Corona sitzen sie am Maltisch immer noch weit auseinander. „Eine vierte Person könnte der Raum aber schon noch aufnehmen“, sagt Irmgard Bogen. „Und wenn noch mehr malen möchten, könnte man ja eine zweite Gruppe aufmachen.
Das Schöne am Malen ist, dass man nach anderthalb Stunden durchaus etwas vorzuzeigen hat und mit in die Wohnung nehmen kann. Besonders Gelungenes eignet sich auch gut als besonderes Geschenk. Und wenn ein Bild in den knapp zwei Stunden doch nicht fertig geworden ist, malen die Damen beim nächsten Mal einfach daran weiter. Die Fülle der Bilder, die Gerhard Sondermann bisher gemalt hat, verrät, dass er zwischendurch auch gerne alleine in der Wohnung malt. Auch das ist möglich.
Möglich ist in der Rosenau überhaupt recht viel. Auch mit 80 kann man etwas anfangen, was man vorher noch nie getan hat. Veranstaltungen im Festsaal besuchen oder sich im Restaurant zum Kaffeetrinken verabreden. Jetzt in der Winterzeit sind auch Spielerunden sehr beliebt.