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alternovum Ausgabe 3/2021

In bester Gesellschaft

Ein Blick in die Geschichte des Hahnhofs

Baden-Baden, 20. November 2021

Die „Märchen aus 1001 Nacht“ gehören zu den bekanntesten Werken der persischen Literatur. Sie sind auch in der Bibliothek des KWA Parkstifts Hahnhof zu finden: Nicht zuletzt deshalb, weil hier in den 1950er-Jahren eine persische Prinzessin zu Gast war. Soraya. Doch sie war beileibe nicht die einzige prominente Persönlichkeit, die den Boden des Hahnhofs bisher betreten hat. Mehr dazu im Verlauf des Beitrags.

Was man von den Anfängen weiß: 1586 urkundlich erstmals erwähnt, ging der Hahnhof 1747 in den Besitz des Klosters vom Heiligen Grab über. Der Gutshof hatte zu dieser Zeit ausgedehnte Ländereien, zu denen auch Weinberge gehörten. Knapp 100 Jahre später kaufte der englisch-indische Kolonialoffizier Oberst Syng den Hof und errichtete das erste Landhaus auf dem Hügel, dort, wo heute das Parkstift steht. 

Als Besitzer folgten ein „Großkaufmann“ namens Hübner, der französische Seuchenarzt Dr. Lachèze und Gräfin Amalie von Oberndorff – ehe der kaiserlich-russische Generalkonsul Louis Borchard das Anwesen erwarb und 1870 die elegante Villa Hahnhof errichten ließ. 

1926 läuteten die neuen Besitzer, das Industriellenpaar Richard und Ulla Haniel, eine mondäne Ära ein: Sie bauten die Villa zu einem repräsentativen Herrschaftssitz um, der schnell einen wichtigen Platz im gesellschaftlichen Leben der Jahrhundertwende einnahm. Die Haniels empfingen prominente Gäste wie den ehemaligen König von Spanien Alfons XIII. oder König Gustav V. von Schweden. Jährlich fand hier auch der traditionelle Ball während der Iffezheimer Pferdewoche statt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Baden-Baden Sitz der französischen Zonen-Regierung und der Hahnhof beschlagnahmt: Der Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte in Deutschland, General Pierre Koenig, residierte hier bis 1949. 

1951 schlug Ulla Haniel dann Oberbürgermeister Ernst Schlapper vor, aus dem Hahnhof ein Hotel zu machen. Schlapper, der die Wiederbelebung des Kurortes forcierte, stellte im selben Jahr die Konzession aus, so konnte das „Schlosshotel Hahnhof“ eröffnet werden. Und wieder traf sich hier internationales Publikum: 1955 empfing Konrad Adenauer im Hahnhof den französischen Premierminister Pierre Mendès-France, auch Schah Reza Pahlavi und seine Frau Prinzessin Soraya logierten im „Schlosshotel Hahnhof“, 1957 dann König Ibn Saud von Saudi-Arabien – sie gaben dem Kurort den mondänen Glanz zurück.

Doch schon Ende der 1950er-Jahre verblich die Eleganz der Jahrhundertwende, das Kurhotel wurde geschlossen, im großen Park spielten die Kinder der Umgebung, der Pool im Garten war Schauplatz nächtlicher Schwimmstunden. Schließlich erwarb die Bäder- und Kurverwaltung Baden-Baden das Anwesen, im ehemaligen Hotel lagerten Theaterkulissen und Requisiten. 1969 wurde das Hotel abgerissen.

Vor 45 Jahren begann dann die KWA-Geschichte in Baden-Baden. Hinter dem geschichtsträchtigen Eisentor inmitten der alten Parkbäume wurde 1976 das KWA Parkstift Hahnhof eröffnet. Was seitdem Bewohner und Gäste einander zuflüstern, wäre vielleicht nicht weniger interessant als die Gespräche, die einst Staatsoberhäupter und Könige im Hahnhof führten.

Dass „ihre kaiserliche Hoheit“ Prinzessin Soraya ihren Mann, den Schah von Persien, 1958 verlassen musste, weil sie keine Kinder bekommen konnte, rührte so manche mitfühlende Frau zu Tränen. Doch blicken wir lieber auf Scheherazade, der es im Märchen von 1001 Nacht gelang, König Schahriyâr durch spannende Erzählungen davon abzubringen, seine Frauen nach der Hochzeitsnacht töten zu lassen. Ach, wenn sich doch auch in der Realität das Leben von Menschen durch das Erzählen von Geschichten retten ließe …
 

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