Ein Bewohner des KWA Parkstifts Rosenau berichtet über sein einstiges Hobby Fechten. – Ein Beitrag von Marina Gernard.
„Zunächst lernte ich Boxen. Doch das war mir zu grob. Beim Fechtsport fühlte ich mich von Anfang an wohl und machte sehr schnell Fortschritte“, sagt Kurt Reichenbach. Fleiß beim Üben, sportliche Fitness und gute Reaktionsfähigkeit brachte er mit. Das straffe Reglement, die hohe Konzentrationsentwicklung und die verschworene Gemeinschaft in den Vereinen gefielen ihm am besten. Der 97-jährige Bewohner des KWA Parkstifts Rosenau fing mit 15 zu fechten an. Damals wurden Treffer noch mit dem Auge beurteilt.
Mit der Fechtabteilung des Turnvereins Bad Cannstatt hat er an vielen Turnieren teilgenommen. Bis zum beruflich bedingten Wechsel nach Franken im Jahr 1963 trainierte der diplomierte Maschinenbauingenieur in seinem Stuttgarter Verein die Fecht-Jugend. Seine größten Erfolge: ein 2. Platz mit dem Säbel bei den Württembergischen Jugendmeisterschaften und ein 5. Platz mit dem Florett bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften für den Fechterring Nürnberg.
So glatt, wie das bisher klingt, ging es nicht mit dem Fechten und seinem Leben. Mit 18 wurde Kurt Reichenbach zum Kriegsdienst eingezogen. Er geriet in Gefangenschaft, konnte erst nach vier Jahren aus Frankreich heimkehren. Da die Siegermächte Fechten als vormilitärische Erziehung einstuften, war es bis 1950 verboten. Danach nahm er das Hobby gerne wieder auf, weil beim Fechten sowohl der Körper als auch der Geist gefordert werden.
Den Geist forderte er auch gerne im Beruf. Die technische Ausbildung, die er vor dem Krieg absolviert hatte, führte ihn zunächst in eine stahlverarbeitende Tätigkeit. Mit einem Maschinenbau-Studium an der Fachhochschule Esslingen erlangte er dann in den 1950er Jahren ein Diplom, konnte danach in einem Maschinenbaubetrieb seine Fähigkeiten als Konstrukteur unter Beweis stellen, ehe er nach Nürnberg wechselte, um dort bei einem großen Walzlagerhersteller im technischen Beratungsdienst sein Know-how einzubringen. Dort blieb er bis zur Rente. Dem Fechtsport ging er bis 1970 nach, danach hielt er sich lange mit Tennisspielen fit.
Die Frau von Kurt Reichenbach war übrigens ebenfalls Fechterin. Daher standen bei der Hochzeit im Jahr 1956 sowohl Damen als auch Herren des Bad Cannstatter Vereins Spalier.