Menu
alternovum Ausgabe 3/2019

Dr. Hansjörg Häfele: Staatssekretär in der Bonner Republik

Von 1982 bis 1989 bei Finanzminister Gerhard Stoltenberg. – Ein Beitrag von Sieglinde Hankele.

Bad Dürrheim, 18. Dezember 2019

"Ich war ein freier Volksvertreter, wie es die Verfassung vorsieht", sagt Dr. Hansjörg Häfele. 25 Jahre lang stimmte er in Bonn als Bundestagsabgeordneter so ab, wie es sein Gewissen verlangte – von 1965 bis 1990. Eine Parteikarriere habe er nie angestrebt. 

Aufgewachsen ist der Sohn eines Gymnasiallehrers in Wangen im Allgäu, studiert und promoviert hat er in Tübingen - Jura. Seine erste berufliche Station war das Landratsamt Emmendingen. Da sei es ihm ähnlich ergangen wie einst Goethe, der die Landschaft als eine der lieblichsten bezeichnete, die er kenne. Was dem jungen Dr. Häfele ebenfalls gefiel: die Sekretärin des Landrats. Sie wurde später seine Frau. Die nächste berufliche Station war das Regierungspräsidium Freiburg; dem folgte ein Ruf nach Stuttgart, ins baden-württembergische Innenministerium. Hier wurde er Pressereferent des damaligen Innenministers Hans Filbinger. Kaum, dass er vor Ort bekannt war, schickte die CDU Villingen ihn ins Rennen um ein Bundestagsmandat. Und tatsächlich zog er ins Parlament ein, mit 33 als einer der Jüngsten. Auf einem schönen Flecken, den er im Wahlkreis finden konnte, baute er ein Haus und ließ sich mit seiner Frau nieder: in Bad Dürrheim.

Und in Bonn? Anfangs wirkte er im Bereich Entwicklungshilfe, doch dann wurde die Finanzpolitik seine Welt. Das brachte ihm Anerkennung ein. Unter anderem wurde er Vorsitzender des Arbeitskreises Finanzen-Steuern-Währung und finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Opposition. Der Höhepunkt seiner Karriere: Von 1982 bis 1989 arbeitete er Finanzminister Gerhard Stoltenberg als Parlamentarischer Staatssekretär zu. Eine spannende Zeit. "Stoltenberg leitete eine Kehrtwende bei der Finanzpolitik ein, reduzierte die Neuverschuldung, realisierte eine sanfte Steuerprogression, senkte den Spitzensteuersatz", berichtet Häfele. Stoltenberg sei ein feiner Mensch gewesen, habe solide und erfolgreich gearbeitet. Stoltenbergs Werte bei Meinungsumfragen waren schließlich so gut, dass Helmut Kohl ihn als möglichen Rivalen wahrnahm und ins Verteidigungsministerium versetzte.

Eine Reihe von Politikern, die die junge Bundesrepublik Deutschland prägten, hat Hansjörg Häfele persönlich kennengelernt. Unseren ersten Bundeskanzler, Konrad Adenauer, schätzte er für seine Kraft, seine Weitsicht, seine Unabhängigkeit. Häfele meint, dass Deutschland ohne Adenauer „vom Osten geschluckt“ worden wäre. Und: Ludwig Erhard hätte die Soziale Marktwirtschaft seines Erachtens nicht ohne Adenauer einführen können. Adenauer habe Erhard gegen den Widerstand des linken Parteiflügels gehalten. Zum Zerwürfnis zwischen den beiden kam es erst später. Er, Häfele, sei Anhänger von Ludwig Erhard und seinen Ideen gewesen, habe stets für ihn gesprochen. Doch als Kanzler habe Erhard zu wenig Durchsetzungskraft gehabt. 

Für Politik interessiert sich Hansjörg Häfele nach wie vor. Er liest täglich die FAZ, die Neue Zürcher Zeitung sowie den Südkurier und schaut Nachrichtensendungen. Der Brexit sei ein Drama, jedoch nicht überraschend. Die EU in der heutigen Form erfordere zu viele Kompromisse. Er denkt, dass sie nur gerettet werden kann, wenn man sie als loses Bündnis weiterführt, mit gemeinsamer Außen- und Verteidigungspolitik und freiem Handel. Eine zentrale Regierung sei nicht die Lösung. Für Hansjörg Häfele ist die europäische Idee: ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Vaterländer.   

Das KWA Kurstift Bad Dürrheim hat ihm vor 45 Jahren der damalige Bürgermeister Otto Weissenberger ans Herz gelegt. Ein Seniorenstift sah Hansjörg Häfele als wichtige soziale Aufgabe, daher gründete er den Verein Bad Dürrheimer Altenwohnstift e. V. mit und brachte sich von 1996 bis 2004 als Mitglied des Verwaltungsrats ein, von 2005 bis 2008 als KWA Aufsichtsrat. Heute beobachtet er als Aktionär die Aktivitäten von KWA. Über die positive Entwicklung des Kurstifts ist er erfreut. Erfreut war Hansjörg Häfele auch, als Ludwig Erhard ihn 1967 persönlich bat, ein Mitglied seiner Stiftung zu werden. Auch da ist er noch heute aktiv. 

Dankbar ist der inzwischen 87-jährige Staatssekretär a. D. vor allem seiner Frau: Sie hat ihn während des ganzen Berufslebens begleitet, unterstützt und beraten. Beide sind noch sehr rüstig, spielen immer noch gerne Golf. Und es vergehe keine Woche ohne eine kleine Wanderung im Schwarzwald oder im Markgräflerland – für Hansjörg Häfele "die deutsche Toskana".

lesen Sie außerdem

Cookies