Malerglück im Pflegestift. – Ein Beitrag von Ursula Sohmen zum Leben im KWA Luise-Kiesselbach-Haus.
Ein „Neubeginn“ ist in jeder Lebensphase möglich. Das zeigt sich im fortgeschrittenen Alter besonders deutlich in der Malkunst. Aussagen von Bewohnern wie „ich habe früher gerne gemalt, aber jetzt kann ich das nicht mehr“ oder „ich habe noch nie in meinen Leben einen Pinsel in der Hand gehalten, da fang ich jetzt nicht mehr an“, lassen die Damen von Aktivierung & Betreuung im Luise-Kiesselbach-Haus nur schmunzeln. Es offenbart sich oftmals eine erstaunliche, künstlerische Vielfalt, wenn anfängliche Hemmschwellen wie zum Beispiel zu hohe Ansprüche an sich selbst oder eine empfundene Geringschätzung der Tätigkeit überwunden sind.
Der Einstieg fällt in der Regel leichter, wenn mit der farblichen Gestaltung vorgegebener Formen begonnen wird. Hervorragend geeignet für die ersten Schritte sind Mandalas. Die Formenvielfallt inspiriert zu phantasievollen Kompositionen. Blumenarrangements, verschnörkelte Muster oder graphische Formen werden phantasievoll und farbenfroh zu kleinen Hinguckern. Für einen effektvollen Farbauftrag sind Wasserfarben bestens geeignet. Durch die spielerische und leichte Handhabung ist es auch Menschen mit kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen möglich, an diesem kreativen Prozess teilzunehmen. Mit Eifer und Leidenschaft sind alle dabei. Und immer wieder zeigt sich: Die Freude am Gestalten und der Stolz auf das Geschaffene heben das Wohlbefinden und tragen zu fröhlichen und lachenden Gesichter bei.
Das Malen in vorgegebenen Strukturen ist jedoch nur ein Aspekt. Manch ein Bewohner entdeckt dadurch ein verborgenes Talent und wagt weitere Schritte hin zum freien Zeichnen und Malen. Auch in schwierigen und ungewöhnlichen Zeiten hat sich gezeigt, dass die Beschäftigung mit den Farben sehr beruhigend und sinnstiftend sein kann.
Geselliges Zusammenkommen und die Freude am gemeinsamen Tun war durch das plötzliche Pandemiegeschehen und die dadurch notwendig gewordenen Hygienevorgaben lange Zeit nicht mehr möglich. Die Malkurse mussten eingestellt werden. Kurzerhand wurde das eigene Zimmer in ein Maleratelier umgewandelt. So manch trübe Gedanken waren gebannt und die Tage der Zurückgezogenheit wurden, zumindest für Stunden, etwas bunter.
Nach der durch Corona bedingten Unterbrechung waren die Damen und Herren der Malgruppe von Roswitha Freitag nur zu gerne bereit, Abstandsregeln und Maskenpflicht einzuhalten, wenn es nur wieder weiter ging mit der Malerei. In Kleinstgruppen mit je zwei Bewohnern wird wieder freudig der Pinsel geschwungen. Roswitha Freitag, eine erfahrene Kuratorin und Künstlerin, orchestriert fachkundig das Geschehen und es fasziniert immer wieder, wie schwierigste Motive phantasievoll umgesetzt werden.
Gemalt wird mit Plakafarben und gemalt wird, was gefällt. Blumenbilder in leuchtenden Farben, schummrige Wasserbilder, abenteuerliche, abstrakte Bilder. Tiermotive, Bergidyllen und tiefblaue Ozeane. Manchmal nimmt auch eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit Gestalt an.
Je mehr die Welt sich sorgte, desto farbenfroher wurden die Bildkreationen. Man kann sich schon darauf freuen, wenn diese Werke, fachmännisch gerahmt, in den Fluren des Hauses ihren Platz finden. All die großen und kleinen Kunstwerke werden repräsentativ ausgestellt und tragen so zur Verschönerung unserer Lebenswelt bei.